In diesem Insights-Artikel teilt Adrian Wegener, Project Manager bei Ergosign und Gründer von Eye Build It, sein Wissen und gibt Tipps, wie man – insbesondere als Unternehmen – an das Thema „digitale Barrierefreiheit“ herangeht. Adrian beschäftigt sich bereits seit Jahren intensiv mit den Themen Barrierefreiheit und inklusives Design und wurde dafür unter anderem durch den Deutschen Designrat, EU und UN ausgezeichnet.
Bereits seit der Zeit der Schreibmaschine gibt es innovative Menschen, die Technologien barrierefrei machen (Quelle). Auf Englisch wird der Begriff Accessibility verwendet. Durch Gesetze, wie beispielsweise den europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit (Quelle), wird Accessibility immer mehr in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Insgesamt sind stark schwankende Aufwände aufseiten der Unternehmen nötig, um echte digitale Barrierefreiheit gewährleisten zu können. Diese lohnen sich jedoch aus gutem Grund:
„Accessibility-Maßnahmen sollen die größte Minderheit der Welt, 15% der Weltbevölkerung (Quelle), die Behinderungen haben, in den technologischen Alltag einbinden.“
Für viele Unternehmen stellt die Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit durch mangelnde Erfahrungen oder fehlende persönliche Bezüge eine unklare Hürde dar. Was kommt auf einen zu, wenn man sich mit dem Thema beschäftigen möchte – oder es durch Gesetze muss?
Damit Hürden gefunden und entfernt werden können, müssen wir Barrierefreiheit und Inklusion erleben. Lernen durch Handeln. Klingt nach einem langen Prozess. Oft wünschen wir uns beim Lernen: „Hätte ich das früher gewusst, wäre ich viel weiter.“
Heute lassen wir diesen Wunsch Realität werden – ganz ohne Zeitmaschinen. Im Folgenden werden Fragen beantwortet, die ich mir zu Beginn meines Lernens über Barrierefreiheit selbst gestellt habe. Die Antworten, die aus mehreren Jahren intensiver Erfahrungen im Feld des inklusiven Designs kommen, sollen für alle Lesenden eine Beschleunigung beim Lernen bedeuten.
Wie viele Menschen braucht es, um eine barrierefreie Lampe einzubauen?
Bildschirme bestehen aus vielen Lampen und dienen meistens als Zugang zu einem digitalen Alltag. Wie sorgen wir dafür, dass dieser Zugang für möglichst viele Menschen funktioniert?
Maßnahmen können sein, dass wir Kontraste erhöhen, damit Informationen auch mit Sehschwächen gesehen werden. Wir machen uns Gedanken darüber, dass manche Menschen diese Lampen nicht sehen können, und bieten Alternativen an. Wir stellen fest, dass Personen mit geistigen Beeinträchtigungen das Licht wahrnehmen können, aber je nach Struktur die Informationen dahinter nicht verstehen. Die einzelnen Maßnahmen klingen einfach. Sie funktionieren jedoch erst, wenn sie im Kontext und unter Einbindung aller Nutzenden betrachtet werden.
Also zur Lampenfrage: Wir brauchen ganz viele Menschen – damit wir feststellen, dass die Lampe gar nicht für alle kaputt ist und manche Menschen lieber einen besseren Lautsprecher oder eine Anleitung hätten.
Ich mache mich auf die Reise zu mehr digitaler Barrierefreiheit. Was packe ich in meinen Koffer?
Wie bei der ersten Frage auffällt, hat Barrierefreiheit viel mit der Denkweise zu tun. Barrierefreiheit lässt sich nicht einfach wie eine Checkliste abarbeiten.
In diesem Sinne hier eine Checkliste der Dinge, die auf dem Weg zu mehr digitaler Barrierefreiheit unterstützen können:
Denkweise des kollaborativen Designs, Zusammenarbeitens und der Offenheit.
Gespräche mit Freunden, Familie, Bekannten, auf der Arbeit oder in der Öffentlichkeit. Viele Beeinträchtigungen sind unsichtbar. Nur in einem offenen und positiven Umfeld werden sie durch Gespräche erkennbar.
Simulationen ausprobieren – nicht aus der Matrix, sondern für einige Beeinträchtigungen. Die Simulationen können helfen, unterschiedliche Fähigkeiten nachzuvollziehen (z. B. Sehschwächenfilter, Bildschirmlesesoftware, Kontrast-Rechner, Legasthenie-Simulation).
Feste Arbeitsschritte für Barrierefreiheit planen: Maßnahmen NACH der Produktion von Anwendungen und Dienstleistungen durchzuführen ist meistens aufwändiger als am Anfang.
Das Verständnis, dass Checklisten nicht ausreichen, weil sie nie vollständig sind. Anforderungen und Technik in Normen und nach aktuellen technischen Ständen ändern sich regelmäßig und wir müssen uns anpassen.